Als Giallo bezeichnet man im Groben Murder Mysteries, Slasher und Psycho-Thriller aus italienischer Produktion. Der Name leitet sich von den pulpigen Krimiromanen des Mandadori Verlages mit ihren gelben Umschlägen ab, von denen auch einige verfilmt wurden. Die Geburtsstunde des Giallo markiert gemeinhin Mario Bavas an Hitchcock angelehnter THE GIRL WHO KNEW TOO MUCH von 1963 – sowohl Christian Keßler (Gelb wie die Nacht) wie auch Troy Howarth (So Deadly, So Perverse) beginnen ihren Streifzug durch die Geschichte des Genres mit eben diesem Film. Neben den Filmen Alfred Hitchcocks sind es auch die Mystery-Krimis der Edgar-Wallace-Filmreihe, im Ausland auch German Grusel genannt, die in dieser Zeit einen großen Einfluss auf das Genre ausüben.
Und es sollte wiederum Mario Bava sein, der im Jahr darauf mit BLUTIGE SEIDE in gewisser Weise das Genre definierte. Seitdem gehören für viele Fans Morde an Frauen, Stichwaffen und schwarze Handschuhe zum festen Repertoire eines zünftigen Giallo-Movies. Es gibt auch eine nicht kleine Bewegung von Fans, die den Giallo vor allem auf eben diese Ingredenzien reduzieren. In diesem Zusammenhang werden auch nicht-italienische Filme, die diesem Typus entsprechen dazugerechnet. Außerhalb dieser Gruppierung werden solche Filme eher als „Giallo-like Movies“ bezeichnet.
Doch neben diesen speziellen Murder Mysteries und (ab den 70ern) Slashern gesellten sich in den 60er-Jahre auch Thriller dazu, in denen vorzugsweise eine Person, oftmals weiblich, zum Spielball einer Intrige wird, gerne auch in den Wahnsinn und schlußendlich Tod getrieben werden soll. Die Initialzündung für einen kommerziellen Höhenflug des Genres gibt der Erfolg von DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN HANDSCHUHE (1970) von Dario Argento. Dieser Name soll in den kommenden Jahrzehnten, eigentlich sogar bis heute, mit dem Giallo verbunden sein wie kein zweiter. In den 70er-Jahren erlebt der Giallo seine Blütezeit, angetrieben von einem neuen Naturalismus, was Gewalt und Erotik anbelangt. Gepaart mit dem Stilwillen der Pioniere Bava und Argento, ergibt dies eine nahezu unwiderstehliche Mischung aus Spannung, knisternder Erotik und Shock Value.
Im nächsten Jahrzehnt überlebt sich der Giallo, er bleibt bis auf wenige Ausnahmen der trendigen Oberflächlichkeit der Eighties verhaftet. Der Niedergang der italienischen Kinokultur in dieser Zeit tut dazu sicherlich sein übriges. In den darauf folgenden 1990ern verebbt das Interesse an diesen Filmen fast vollends, und wenn, erscheinen sie zumeist direkt auf Video oder im TV. Erst die Retrowelle der späten 2000er ermutigt junge Filmemacher ihren großen Vorbildern mit einigen Neo-Gialli nachzueifern. Allerdings kann man dabei noch nicht wirklich von einer Renaissance des Genres sprechen, es handelt sich in den meisten Fällen um gut gemeinte Hommagen an die alten Filme, neue Elemente halten nur selten Einfluss. Dabei wäre die Zeit eigentlich längst mal reif für eine Novellierung.
Bekannte Filme:
- The Girl Who Knew Too Much (1963)
- Blutige Seide (1964)
- Der schöne Körper der Deborah (1968)
- Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe (1970)
- Der Killer von Wien (1971)
- The Child – Die Stadt wird zum Alptraum (1972)
- Das Geheimnis der grünen Stecknadel (1972)
- Torso (1973)
- Der Tod trägt schwarzes Leder (1974)
- Rosso – Die Farbe des Todes (1975)
- Blutige Schatten (1978)
- Giallo a Venezia (1979)
- Tenebrae (1982)
- Der New York Ripper (1982)
- The Last Shot (1985)
- Aquarius – Theater des Todes (1987)
- Terror in der Oper (1987)
- Body Puzzle (1992)
- The Stendhal Syndrome (1996)
- Sleepless (2001)
- Eyes of Crystal (2004)