Barbara Steele – The Queen of all Scream Queens

Barbara Steele - The Queen of All Scream Queens Lesedauer: ca. 4 Minuten

Barbara Steele war in den 60er-Jahren der wohl größte Star des Italian Gothic. Sie stand in dieser Zeit für jeden wichtigen Regisseur dieser Richtung vor der Kamera. Sie spielte in Filmen von Mario Bava, Riccardo Freda und auch Antonio Magheriti, drehte aber auch mit Regie-Star Federico Fellini. Ihre Arbeit für American International Pictures und Roger Cormans New World Picture sowie ihre Mitwirkung in der Neuauflage der Vampir-Soap Dark Shadows festigten ihren Ruf als „The Queen of all Scream Queens“.

Durchbruch in Italien

Die Engländerin, Jahrgang ’37, schlug sich am Anfang ihrer Karriere mit Statisten- und Kleinstrollen herum. Eigentlich sollte sie neben dem King in Flammender Stern (1960) zu sehen sein, überwarf sich aber mit Don Siegel. Mario Bava sah Fotos von ihr im Life Magazin, worauf er sie für die Hauptrolle in seinem Regie-Debüt Die Stunde, wenn Dracula kommt (1960) verpflichtete. Dies war sogar eine Doppelrolle: einmal als böse Hexe, einmal als deren unschuldige Nachfahrin. Der Dreh erwies sich als schwierig, da Barbara Steele kaum Italienisch verstand, was zu Missverständnissen am Set führte. Auch eine Übersetzung des Scripts bekam sie nur Seite für Seite am Tag vor dem Dreh. Überhaupt war es ihr unbehaglich, ein derart tief ausgeschnittenes Kleid zu tragen. Angeblich befürchtete sie, dass Bava sie nackt filmen wollte.

Trotz aller Schwierigkeiten wurde der Film ein Hit, auch und gerade für Co-Finanzier American International Pictures. Er toppte sogar Roger Cormans Die Verfluchten mit Vincent Price. Auch heute noch gilt der Film, der dadurch einen Horror-Boom im italienischen Kino auslöste, als Klassiker des Genres. Mario Bava verstand es, wie nach ihm kein anderer mehr, Barbara Steeles markante Gesichtszüge mit den großen Augen, der spitzen Nase und den tief zulaufenden Augenbrauen in ihrer Doppelrolle gleichwohl unschuldig wie auch furchteinflößend einzufangen:

Zweimal Barbara Steele, gut wie böse, in Die Stunde wenn Dracula kommt
Die zwei Seiten der Barbara Steele: gefährlich und unschuldig – Black Sunday © Arrow Films

Dieser eine Film verpasste ihr ein Image, dass ihr eigentlich gar nicht behagte. Aber doch sollte es ihre weitere Karriere maßgeblich bestimmen.

Barbara Steele, der Horror-Star

Die 60er-Jahre durch drehte die Engländerin vornehmlich in Italien. Sie trat zwar auch in seichten Komödien auf, hatte eine Nebenrolle in Federico Fellinis 8 ½ (1963). Doch einen bleibenden Eindruck hat sie zumeist nur in ihren Horrorfilmen hinterlassen. Sie drehte zweimal mit Riccardo Freda, einem alten Weggefährten Bavas. Der erste Film, Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock (1962) um einen nekrophilen Arzt und den spukenden Geist seiner toten Frau, gilt auch als minor classic. Freda liebte ihre Augen. Der Quasi-Nachfolger The Ghost/Lo spettro (1963) fiel dagegen der Vergessenheit anheim.

Barbara Steele spielte auch die Hauptrolle in Castle of Blood/La danza macabra (1964) von Antonio Magheriti, wieder ein Geisterfilm und nach Bavas Die Stunde… ihr zweiter, aber nicht letzter, in schwarz-weiß. Mit Magheriti drehte sie darauf noch The Long Hair of Death/I lunghi capelli della morte (1965), in dem natürlich nicht nur ihre wunderschönen schwarzen Haare, sondern auch wieder einmal ihre Augen besonders gut zur Geltung kommen. Die dunkle Schönheit verband in ihrem Anlitz perfekt Sex und Tod.

Anschließend drehte sie Terror-Creatures from the Grave/5 tombe per un medium (1965). Danach hatte sie in Mario Caianos Nightmare Castle/Amanti d’oltretomba (1965) abermals eine Doppelrolle. Es geht in diesem makabren Gruselkabinett mal wieder um sexuelle Gelüste und seichten Fetisch. Ein Arzt lacht sich nach dem Tod seiner Frau deren Cousine an, die ihr bis aufs letzte schwarze Härchen gleicht. Ich möchte wetten, dass es im Original-Script zumindest Schwestern sein sollten. Die englische Koproduktion The She-Beast (1966) von Michael Reeves zeigt Barbara Steele noch aufreizender als in den Filmen zuvor. Ein Engel für den Teufel (1966) soll erst einmal ihr letzter Film am Stiefel sein.

Die Corman-Connection und nackte Tatsachen

Schon gleich nach ihrem Erfolg mit Die Stunde… arbeitete Barbara Steele für American International Pictures mit Roger Corman zusammen. So stand sie 1961 mit Vincent Price für Das Pendel des Todes vor der Kamera. Die Amerikaner engagierten sie dann wieder für ihren All-Star Cast in Die Hexe des Dr. Dracula (1968). Dort spielte sie neben Christopher Lee, Michael Gough und Boris Karloff – es war sein letzter Film – die blau getünchte Hohepriesterin eines Teufelskults. Doch Barbara Steele hatte eigentlich höheres im Sinn. Ihr damaliger Ehemann James Poe schrieb extra für sie eine Rolle in Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß (1969). Als diese dann aber an Susannah York ging, kehrte Steele dem Filmgeschäft erst einmal den Rücken zu. York wurde übrigens für den Oscar nominiert.


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Erst mit Caged Heat (1974) kam sexy Barbara wieder in die Kinos. Roger Corman produzierte den Women-in-Prison Exploiter von Jonathan Demme, in dem sie eine kühle Gefängniswärterin gibt. Sie hatte später auch eine kleine Rolle in Piranhas (1978) von Joe Dante, der auch von Corman produziert wurde. Freizügig wie nie gab sich die dunkelhaarige Schönheit, inzwischen Ende 30, für David Cronenberg in Shivers (1974). In dem ersten Langfilm des Kanadiers geht es um die Bewohner eines modernen Wohnkomplexes, die nach einem Befall von Parasiten ungehemmt ihren Trieben nachgehen. Und man muss zugeben, Barbara Steele gab auch gänzlich nackt eine wirklich gute Figur ab.

Abschied von der Leinwand – aber Barbara Steele ist nicht weg

Ab Anfang der 80er wechselte Barbara Steele die Seiten. Sie trat nur noch selten vor die Kamera, produzierte lieber TV-Serien. Anfang der 90er nahm sie eine Rolle in der Neuauflage der Kult-Vampir-Soap Dark Shadows an. In den folgenden Jahren stand sie immer wieder verschiedenen Filmemachern in Interviews über ihre Arbeit in den 60ern Rede und Antwort. Nebenbei trat der Altstar hin und wieder in kleinen Produktionen auf, etwa dem österreichischen Mystery-Film Tief oben (1994) und Direct-to-Video-Klopper Fist of Doom (1999) von Fred Olen Ray. Die Grand Lady des Gothic-Horror übernahm in der us-italienischen Koproduktion Butterfly Room – Vom Bösen besessen sogar mal wieder eine Hauptrolle. Danach war sie im Regie-Debüt von Ryan Gosling, Lost River (2014), zu sehen gewesen.

Auch wenn die jüngeren Horror-Fans mit ihrem Namen vielleicht nichts anzufangen wissen, weil sie die alten Filme nicht kennen, Barbara Steele wird immer die „Queen of all Scream Queens“ bleiben.

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