Teil 2 – Der Bösewicht vom Dienst
Schon in den 60er-Jahren mühte sich der Horror-Star das Image, welches ihm durch den Erfolg mit Hammer anhaftete, zu durchbrechen. Doch das Typecasting machte den 1,96 m großen Mimen einen Strich durch die Rechnung. Publikum und Produzenten wollten Lee vor allem als Bösewicht.
Christopher Lee in den Fängen des Euro-Crime
Ermöglicht hatte diese Neuverfilmung des Romans der Produzent Harry Alan Towers, der Christopher Lee seit Mitte der 60er regelmäßig buchte. Für ihn spielte Lee den Superverbrecher Dr. Fu Manchu in 5 Filmen, wo er, dank der deutschen Beteiligung von zuerst Constantin Film – er drehte für sie auch Die Schlangengrube und das Pendel (1967) an der Seite von Lex Barker und Karin Dor – und später Terra-Filmkunst, nicht nur seiner Nemesis, Nayland Smith von Scotland Yard, auch zumeist einem deutschen Gaststar gegenüber stand:
Heinz Drache ermittelte in Ich, Dr. Fu Man Chu (1965) und Die 13 Sklavinnen des Dr. Fu Man Chu (1966). Bei der Produktion von Die Rache des Dr. Fu Man Chu (1966) mischten sogar die Shaw Brothers Studios mit. Als Deutsche hielten Wolfgang Kiesling und Horst Frank die Stellung. Bei Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu (1968) nahm Jess Franco auf dem Regiestuhl Platz und der junge Götz George den Platz des deutschen Gaststars ein. Der Spanier inszenierte auch Fu Man Chu, Die Folterkammer des Dr. Fu Man Chu (1969) mit Günter Stoll.
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© Warner Archive
Der vergebliche Kampf gegen Stereotype
1970 drehte Lee mit Towers und Franco, neben dem bereits erwähnten Nachts, wenn Dracula erwacht, auch noch Der Hexentöter von Blackmoor und Die Jungfrau und die Peitsche. Towers war in den 60ern schon auf den Zug der erfolgreichen Edgar-Wallace-Filme mit aufgesprungen. Lee spielte für den Produzentn in Das Rätsel des silbernen Dreiecks (1966) und Die Pagode zum fünften Schrecken (1967). Allerdings hatte letzterer mit Wallace eigentlich nichts am Hut. Außerdem gab Lee im Agatha-Christie-Krimi Geheimnis im blauen Schloss (1965) den Erzähler und spielte in Diana – Tochter des Dschungels (1968).
Lee wurde für Krimis wie Das Geheimnis der gelben Narzissen oder Das Rätsel der roten Orchidee (1961) nach Edgar Wallace gecastet. In ersteren spielte er abermals einen Chinesen. In Das Privatleben des Sherlock Holmes (1970) verkörperte er Mycroft Holmes, den sinistren älteren Bruder des Meisterdetektivs. Auch ein Western wie In einem Sattel mit dem Tod (1971), konnte letztlich an seinem Image kaum rütteln. 1972/73 spielte er in Richard Lesters Mantel und Degen Filmen Die drei Musketiere sowie Die vier Halunken der Königin den fiesen Rochefort, dem die vier Helden Oliver Reed, Richard Chamberlain, Frank Finlay und Michael York entgegentraten – 1989 kehrten alle noch einmal für Die Rückkehr der Musketiere in ihren Rollen zurück.
Mein Name ist Scaramanga. Francisco Scaramanga.
Ein großer Wurf gelang ihm mit der Rolle des Luxuskillers Francisco Scaramanga in James Bond 007 – Der Mann mit dem goldenen Colt (1974). Dieser forderte hierin den Agenten ihrer Majestät, Roger Moore in seinem zweiten Bond-Film, zum Duell. Als netten Kontrast stellten die Macher dem großgewachsenen Schauspieler den kleinwüchsigen Hervé Villechaize als Gehilfe Nick Nack zur Seite (1). Sein Freund und Bond-Erfinder Ian Fleming hatte ihn schon im Vorfeld zu James Bond 007 jagt Dr. No (1962) für die Titelrolle ins Gespräch gebracht.
Christopher Lee – Die Horror-Ikone
Seit Dracula (1958) war Christopher Lee nicht aus dem britischen Horrorfilm wegzudenken. Er wurde natürlich auch von den anderen Produktionsfirmen wie Amicus, Tygon oder die kurzlebigen Planet Film Productions engagiert. So war er bereits im ersten Hit von Amicus, Stadt der Toten (1960), zu sehen. Der Horror-Star hatte auch Auftritte in zwei ihrer Anthologie-Horrorfilme. In Die Todeskarten des Dr. Schreck (1965) durfte er sich schon in der Rahmenhandlung mit seinem Freund Peter Cushing die rhetorischen Bälle zuspielen. Für Totentanz der Vampire (1971) standen sie in verschiedenen Episoden vor der Kamera. Amicus buchte für Der Schädel des Marquis de Sade (1965) und I, Monster (1971) ebenfalls gleich beide Stars.
Gipfeltreffen der Horror-Stars
Die lebenden Leichen des Dr. Mabuse (1970), einer Zusammenarbeit von Amicus und American International Pictures, brachte das Duo das erste Mal mit deren Star Vincent Price zusammen. Für AIP drehte Lee auch Die Hexe des Grafen Dracula (1968). Dort ist er in einer kleinen Rolle neben Barbara Steele und Boris Karloff zu sehen. Mit letzteren arbeitete er bereits zum zweiten Mal zusammen. Zur Zeit ihres ersten, gemeinsamen Films Corridors of Blood (1958) wohnten sie Tür an Tür. Sie zogen die irritierten Blicke der Anwohner auf sich, wenn der alte mit dem jungen Horror-Star auf einem ihrer langen Spaziergänge durch das Viertel flanierten. Dieser Film von Anglo-Amalgamated wurde seinerzeit auch von AIP in den Vereinigten Staaten vertrieben.
Ein weiterer AIP-Film, den er mit Vincent Price drehte, war Im Todesgriff der roten Maske (1969). Michael Reeves sollte eigentlich die Regie übernehmen, wurde jedoch vor Drehbeginn durch Gordon Hessler ersetzt. Außerdem spielte er noch eine Nebenrolle an der Seite von Donald Pleasance in den AIP-Filmen Tunnel der lebenden Leichen (1972) von Gary Sherman und im Kung-Fu-Trash Jaguar lebt! (1979) mit Karate- & Kickbox-Weltmeister Joe Lewis.
Die Zeit der Horror-Ikonen geht zu Ende
1967 brachte Planet Film Production das ehemalige Dreamteam der Hammer Films wieder zusammen. Doch der Sci-Fi-Horror Brennender Tod dürfte ohne Zweifel der schlechteste Film des Trios aus Terence Fisher, Peter Cushing und Christopher Lee sein. Es war gleichzeitig der letzte Film der kleinen Horrorschmiede. 1972 ging es für Cushing, der das Reisen hasste, und Lee nach Spanien. Dort standen sie zusammen für den Horror-Klassiker Horror-Express vor der Kamera.
Christopher Lee gründete Anfang der 70er-Jahre seine eigene Produktionsgesellschaft namens Charlemagne Productions. Der Name geht auf Karl den Großen zurück, der angeblich ein Stammvater der Familie seiner Mutter gewesen sein soll. 1972 stand er mit Peter Cushing, der dieses Mal für seinen Freund den Co-Star gab, für Das Dunkel der Nacht vor der Kamera (2). Regie führte der Hammer-Spezi Peter Sasdy. Doch auch der konnte aus der umständlich erzählten Geschichte um die Mordserie an den Treuhändern einer Stiftung keinen guten Film formen. Der Mystery-Krimi fiel bei Kritikern und Publikum durch und blieb die einzige Produktion von seiner Firma. Im Jahr darauf spielten Cushing und Lee noch einmal für Nachts, wenn das Skelett erwacht von Freddie Francis. Einmal mehr war Lee nur der Co-Star.
Ausflug zum Stiefel – Christopher Lee in Italien
Zu der Zeit war Christopher Lee nicht nur in England aktiv, Anfang der 60er wurde er auch einige Male in Italien als Co-Star gebucht. Er arbeitete zweimal mit Gothic-Maestro Mario Bava. Zuerst gab er in Vampire gegen Herakles (1961) als Gegenspieler des ehemaligen Bodybuilders Reg Park. Lees Darbietung erwies sich als, sagen wir mal, nicht besonders enthusiastisch. Seine Rolle in Die Jungfrau und die Peitsche (1964) stand ihm dann sichtlich besser. Er spielte hier den verhassten, ältesten Sohn, der eine S/M-Beziehung mit seiner Schwägerin unterhält. Zudem war er als gruseliger, buckliger Diener in Das Schloss des Grauens (1963) von Antonio Magheriti zu sehen. Darauf dann einen grausamen Grafen in Castle of the Living Dead (1964), der zum Teil von Michael Reeves inszeniert wurde.
The Wicker Man
Christopher Lees Lieblingsfilm aus dieser Periode seines Schaffens war aber The Wicker Man (1973) von Robin Hardy. Er spielt dort Lord Summerisle (3), den Führer einer heidnischen Sekte auf der gleichnamigen schottischen Insel, auf die sich ein gläubiger Polizist verirrt, der dem Verschwinden eines kleinen Mädchens nachzugehen gedenkt.
Der Star wollte damals unbedingt von seinem Image als Dracula wegkommen. Er lernte den Drehbuchautor Anthony Shaffer kennen. Zusammen mit Regisseur Robin Hardy und Produzent Peter Snell entschloss man sich, einen Folk-Horror zu drehen. Sie stießen auf den Roman Ritual von David Pinner. Dieser ging aus einem Treatment für einen Film für Michael Winner hervor, welcher irgendwann das Interesse an dem Projekt verloren hatte. Lee und Shaffer kauften die Rechte an dem Roman und formten daraus das Drehbuch für The Wicker Man. Der passionierte Sänger Lee hatte vor allem seinen Spaß an den Gesangseinlagen und verzichtete sogar komplett auf seine Gage.
Als Robin Hardy 2011 mit The Wicker Tree ein Spin-off des Original-Films inszenierte, sollte Christopher Lee natürlich wieder dabei sein. Da er sich bei den Dreharbeiten zu The Resident eine Verletzung zuzog, weil er über ein Kabel stolperte, musste Hardy die ihm angedachte Rolle mit Graham McTavish besetzen. Lee ist nur in einem Cameo zu sehen.
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