Hammer Horror Star
- Agent, Gesangstalent, Schauspieler aus Verlegenheit
- Durchbruch als Hammer Films Monster
- Christopher Lee – Der Mann mit den Beißerchen
Er war ab Ende der 50er die menschliche Allzweckwaffe, wenn es um Filmmonster & -bösewichte ging. Der Brite war Dracula, Frankenstein und auch die Mumie, wollte als Dr. Fu Man Chu die Welt beherrschen. Christopher Lee hatte es als Auftragskiller, der sich den Schuss auf seine Opfer vergolden ließ, auf Superagent James Bond abgesehen. Und mit fast 80 Jahren erlebte der Kultstar seinen zweiten Frühling und schlüpfte abermals in die Rollen neuer ikonischer Bösewichte. Lee wandte sich in Herr der Ringe als Saruman gegen seinen alten Freund Gandalf. Den Autor der Romanvorlage, J.R.R Tolkien, kannte er noch persönlich. Danach leitete er in den Weiten des Universums als Sith-Lord Count Dooku die Vernichtung der Jedi in die Wege.
Christopher Lee – Agent, Gesangstalent, Schauspieler aus Verlegenheit
Das Böse stand Christopher Frank Carandini Lee – die Carandini-Seite seiner Mutter bescherte ihm blaues Blut – immer gut zu Gesicht. Dabei war der gebürtige Londoner eigentlich einer von den Guten. Während des zweiten Weltkriegs diente Lee bei der Royal Air Force in der Special Operations Executive, eine Einheit, die sich nach dem Vorbild der irischen Terror-Organisation IRA Guerilla-Taktiken zunutze machte.
Lee selbst beschrieb die SOE, der auch Bond-Autor Ian Fleming angehörte, aber eher als eine Einheit der nachrichtendienstlichen und taktischen Aufklärung – eine nette Umschreibung für Nazijäger, denn das SOE war so etwas wie das „not-too-Dirty Dozen“. Zu der häufig gestellten Frage, gerade wegen der Verbindung zu Fleming, ob er denn ein Spion gewesen wäre, hatte Lee meist nur ein süffisantes Lächeln übrig. Dann verwies er darauf, dass es zu Kriegszeiten solche Spione, wie man sie sich nach James Bond vorstellte, gewiss nicht gab und er, alleine schon wegen seiner auffälligen Erscheinung, für so etwas vollkommen ungeeignet wäre. Er ging nie ins Detail und bezeichnete die Operationen des SOE als geheim, was die Spekulationen nur noch weiter anstieß.
Kleine, erste Schritte
Nach dem Krieg beschloss er, Schauspieler zu werden. Seine erste, kleine Rolle hatte er im Mystery-Drama Im Banne der Vergangenheit. Regie führte ausgerechnet Terence Fisher, mit dem er später bei Hammer Films große Erfolge feiern sollte. Beinahe wäre es gar nicht so weit gekommen. 1949/50 verweilte der Jung-Schauspieler in Schweden, wo der damalige Star-Tenor Jussi Bjoerling sein Gesangstalent entdeckte und ihn zu einem Vorsingen im Stockholmer Opernhaus einlud. Eine Ausbildung dort erschien Lee jedoch zu kostspielig, weshalb er doch bei der Schauspielerei blieb. Trotzdem ließ der Erfolg weiterhin auf sich warten. Erst 1955, nach einigen Kleinstrollen – u.a. in Quo Vadis (1951) und Moulin Rouge (1952) – und regelmäßigen Arbeiten für’s Fernsehen, ergatterte er die Hauptrolle im Mystery-Thriller Alias John Preston.
Durchbruch als Hammer Films Monster
Der große Durchbruch kam dann, als die Hammer Films Studios Brit-Horror zu einer gefragten Marke machten. 1956 wurde er als Frankensteins Monster in Hammers Frankensteins Flucht gecastet. Das brachte ihn wieder mit Regisseur Terence Fisher zusammen. Genauso lernte er hier den Hauptdarsteller Peter Cushing kennen. Die beiden verband danach eine langjährige Freundschaft, die bis zu Cushings Tod andauerte. Da Universal schon im Vorfeld gegen die Produktion klagte, durfte Lees Makeup der ikonischen Maske von Boris Karloff im klassischen Frankenstein von 1931 nicht im Geringsten ähneln. Man entschied sich für einen eher naturalistischen Ansatz (1). So sah der hünenhafte Schauspieler in seinem Makeup tatsächlich aus, als wäre er aus verschiedenen Leichenteilen zusammengeflickt worden. Hingegen zum Universal-Film konzentrierte sich die Hammer-Version vollkommen auf die Person des Baron Frankenstein und somit Peter Cushing, so dass Christopher Lee als Monster nur eine kleine Nebenrolle spielte.
Universal tritt auf den Plan
Seine nächste Rolle für Hammer Films sollte nicht unbedingt größer ausfallen. Doch seine Darstellung war derart prägnant, ikonisch, dass er zu Lebzeiten stets damit verbunden blieb. Da Frankensteins Fluch 1957 die Kinokassen klingeln ließ und Hammers Ruf als erste Adresse auf der Insel für Horror etablierte, trat der schwächelnde amerikanische Studioriese Universal, im Jahr zuvor noch erbitterter Prozess-Gegner, an die Engländer heran, dass sie ihrem zweiten großen Horror-Klassiker eine zeitgemäße Farb-Version angedeihen lassen sollten.
Es handelte sich dabei natürlich um Dracula (1931). Hammer Films trommelte wieder fast die komplette Crew des Vorjahreshits zusammen, und auch die Rollen waren ähnlich verteilt. Peter Cushing war als Van Helsing eindeutig der Star des Ensembles, Christopher Lees Rolle als das titelgebende Monster wieder einmal nur wenige Minuten und Textzeilen lang, dieses Mal aber über die ganze Länge des Films verteilt, und durch seine stilprägende Performance des Vampirgrafen (2) und die vor allem ihn dezent als „Sexual Predator“ in Szene setzende Werbekampagne machten ihn zum Horror-Star und den Low-Budget-Film zu einem riesigen Hit.
Bis 1976 drehte er weitere 21 Filme für die Hammer Films Studios, er schlüpfte alleine sechs weitere Male in die Rolle des Grafen Dracula.
Das Hammer Dream Team
In den Folgejahren arbeitete er weiter oft mit Regisseur Terence Fisher zusammen. Drei Filme davon wieder an der Seite von Peter Cushing, zuerst in Der Hund von Baskerville (1959) als Aristokrat, dann die nächste Aufbereitung eines Universal-Klassikers mit Die Rache der Pharaonen (1959) und schließlich (3) Die brennenden Augen von Schloss Bartimore (1964). Ohne seinen guten Freund war er der Co-Star von Fishers Den Tod überlistet (1959) neben Anton Diffring und der Jekyll/Hyde-Geschichte Schlag 12 in London (1960). Und bei Der Terror der Tongs (1960) konnte er als Triaden-Boss schon für seine Rolle als Fu Man Chu üben. In Sherlock Holmes und das Halsband des Todes (1962) durfte er dann selber in die Haut des Meisterdetektivs schlüpfen.
1966 ließ er sich dazu überreden, wieder den Vampir zu geben, allerdings erachtete er einige seiner Dialoge im Drehbuch als so schlecht, dass er sich schlicht weigerte, sie wiederzugeben. Sein letzter Film mit Terence Fisher war The Devil Rides Out, der heute als Klassiker des Okkult-Horror gilt.
Weitere bekannte Hammer-Filme, die er bereicherte, waren Ein Toter spielt Klavier (1960), She – Herrscherin der Wüste (1965), Rasputin – Der wahnsinnige Mönch (1966), eine seiner wenigen Hauptrollen zu der Zeit, und der damals letzte Kinofilm des Studios, der etwas krude Okkult-Horror Die Braut des Satans (1976). Nach der Wiederbelebung des Studios durch Endemol Ende der 2000er übernahm er eine kleine Rolle in The Resident (2011).
Christopher Lee – Der Mann mit den Beißerchen
Für Hammer spielte er seine Paraderolle als Vampirfürst in Dracula (1958), Blut für Dracula (1966), Draculas Rückkehr (1968), Wie schmeckt das Blut von Dracula (1970), Dracula – Nächte des Entsetzens (1970), Dracula jagt Mini-Mädchen (1972) und Dracula braucht frisches Blut (1973). Sie sollte ihn insgesamt 18 Jahre lang begleiten. Er hatte bereits 1958 einen Kurz-Auftritt als Blutsauger in Schlechte Zeiten für Vampire, weitere in den Komödien Magic Christian (1969) und Die Pechvögel mit Jerry Lewis. Mit seinem Image als Vampirfürst schloss er nach Die Herren Dracula (1976) endgültig ab. Kurz darauf sagte er auch dem Brit-Horror Goodbye.
Dabei spielte Christopher Lee nur ein einziges Mal die Rolle des Vampirfürsten Dracula außerhalb seines Engagements mit Hammer Films. In Nachts, wenn Dracula erwacht rollte Jess Franco die sattsam bekannte Geschichte noch einmal auf (4). Lees Widersacher Van Helsing wurde hier von Herbert Lom verkörpert, die Rolle des Renfields von Klaus Kinski. Den Filmschnitt bescherte damals ein gewisser Bruno Mattei, die Musik besorgte Bruno Nicolai. Die Dreharbeiten wurden vom Experimentalfilmer und Systemkritiker Pere Portabella begleitet, die später als Cuaceduc – Vampir (1971) veröffentlicht wurden. Im Anschluss spielte Lee auch in dessen Essayfilm Umbracle (1973). Dieser beschäftigte sich mit der Zensur in Spanien während der Diktatur von General Franco.
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