Der italienische Gangsterfilm brauchte sich hinter seiner Konkurrenz aus Frankreich, den USA und Großbritannien nicht verstecken. Dank des riesigen heimischen Marktes blühten auch diese Filme im Zuge der Eurocrime-Welle der 70er auf.
Die Entwicklung des italienischen Gangsterfilms
Anfangs spaltete sich der italienische Gangsterfilm in zwei Lager:
Auf der einen Seite gab es Unterhaltungsfilme nach internationalem Muster, etwa Heist-Movies oder Gangster-Krimis nach dem Schema der US-Klassiker der 30er-Jahre. Auf der anderen Seite versuchten Regisseure wie Duccio Tessari und Sergio Sollima das eng gestrickte Western-Korsett zu verlassen, um ihre Themen in eine zeitgemäße Form zu transportieren.
Ab dem Anfang der 70er, als auch der italienische Polizeifilm stetig an Bedeutung gewann, stieß schließlich auch der Mafiafilm dazu. Daneben entwickelte sich eine speziell italienische Art von aktionsgeladenen Gangsterfilmen, die im Gros gnadenlos und in ihrer Dynamik teils geradezu gehetzt ausfiel. Damit konnte man sich von der übermächtigen Konkurrenz von außerhalb zumindest auf dem heimischen Markt absetzen. Der ungekrönte King des Genres war ohne Zweifel Fernando Di Leo, der als emsiger Arbeiter Anfang der 70er mal eben drei Meisterwerke in Serie, zusammengefasst in der sogenannten Milieu-Trilogie, auf die Zuschauerschaft losließ.
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1. Der italienische Gangsterfilm – Die Mafia
Italien und Mafia, das gehört zusammen wie Pasta und Mama Miracoli. Über historische Hintergründe möchte ich mich an dieser Stelle nicht groß auslassen. Natürlich genießt der Mafia-Film auch im Ursprungsland dieser legendären kriminellen Vereinigung einen hohen Stellenwert. Es gibt sowohl Filme, die sich ernsthaft mit dem immer aktuellen Thema beschäftigen, genauso wie reine Exploitation, die halt mit diesem illustren, aber heiklen Hintergrund zu punkten versuchen.
Allerdings sucht man hier eine romantische Verklärung dieser Organisation und ihres vorgeblichen Kodex vergeblich. Anders als bspw. in den USA war die Einflussnahme der verschiedenen Organisationen nach dem zweiten Weltkrieg immer spürbar. Gewalttätige Auseinandersetzungen der Organisationen untereinander, aber auch solche mit den Staat oder dem einfachen Bürger wurden zumeist auf offener Straße ausgetragen. Anders als in der Neuen Welt hat Mario Puzos Der Pate weder als Buch noch Verfilmung einen allzu großen Einfluss auf die Wahrnehmung des organisierten Verbrechens und der in ihr involvierten Gangster ausgeübt.
Das heißt aber nicht, dass Motive des Buches und der amerikanischen Gangsterfilme der 70er nicht auch Einzug in den italienischen Gangsterfilm fanden. Denn gerade die Sparte der Exploitationfilme nahm solche Impulse immer dankend auf. International angesehene Filmemacher wie etwa Damiano Damiani teilten dieses ambivalente Verhältnis der Amerikaner zu ihrer Unterwelt jedoch nicht im Geringsten. Auf der anderen Seite war es sicherlich auch so, dass sich auch die Filmindustrie den Repressalien des organisierten Verbrechens ausgesetzt sah.
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Filmauswahl
- Das Gesetz des Schweigens (Camillo Bazzoni, 1970)
- Recht und Leidenschaft (Damiano Damiani, 1970)
- Der lange Arm des Paten (Nardo Bonomi, 1972)
- Camorra (Pasquale Squitieri, 1972)
- Der Mafia-Boss (Alberto De Martino, 1972)
- … auch Killer müssen sterben (Antonio Raccioppi, 1973)
- Gang War in Milan (Umberto Lenzi, 1973)
- Der Mafiaboss – Sie töten wie Schakale (Fernando Di Leo, 1972)
- Im Dutzend zur Hölle (Alberto De Martino, 1973)
- Der Teufel führt Regie (Fernando Di Leo, 1973)
- Die Rache des Paten (Andrea Bianchi, 1974)
- Die Rache der Camorra (Pasquale Squitieri, 1974)
- Blut eines Bullen (Alfonso Brescia, 1976)
- Der Aufstieg des Paten (Pasquale Squitieri, 1978)
- Ein Mann auf den Knien (Damiano Damiani, 1979)
- Der große Kampf des Syndikats (Alfonso Brescia, 1979)
- Das Syndikat des Grauens (Lucio Fulci, 1980)
- The Mafia-Triangle (Alfonso Brescia, 1981)
- Pizza-Connection (Damiano Damiani, 1985)
2. Der italienische Gangsterfilm – Die harten Typen
Der italienische Gangsterfilm im Unterhaltungskino nahm seinen Anfang in den 60er-Jahren. In dieser Zeit fassten die Filmemacher das böse „M“-Wort, ausgenommen von engagierten Polit-Regisseuren wie Damiani und Francesco Rosi, nicht einmal mit der Kneifzange an. Außerdem genossen Outlaws und Separatisten gerade in ländlichen Gegenden einen zum Teil heldenhaften Ruf. Gangster im Wortsinne dagegen waren selbstsüchtige und skrupellose Schufte. Sie wurden meist getrieben von Gier, Nervenkitzel und Geltungsbedürfnis, teils sogar nur der sadistische Drang zu verletzen, zu vergewaltigen und zu töten.
Viele dieser Filme waren von einem trockenen, alles verzehrenden Nihilismus geprägt. Ihre Antihelden waren nur sehr selten die bedauernswerten Verlierer der Gesellschaft. Es waren im besten Falle Profis, die sich für ein Leben im Zwielicht entschieden haben, doch gerne zeigte man hier auch Sadisten und Psychopathen, die nur in der Unterwelt ihre Triebe ausleben konnten.
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Filmauswahl
- Feuertanz (Carlo Lizzano, 1966)
- Mord auf der Via Veneto (Alberto De Martino, 1968)
- Hölle vor dem Tod (Alfio Caltabiano, 1968)
- Gangster sterben zweimal (Mino Guerrini, 1968)
- Der Bastard (Duccio Tessari, 1969)
- Brutale Stadt (Sergio Sollima, 1970)
- Milano Kaliber 9 (Fernando Di Leo, 1971)
- Ein achtbarer Mann (Michele Lupo, 1972)
- Tödlicher Hass (Duccio Tessari, 1973)
- Blutrausch (Silvio Narizzano, 1973)
- Ich polier‘ Dir Deine Glatze (Fernando Di Leo, 1974)
- Die gnadenlose Jagd (Stelvio Massi, 1974)
- Der Stachel (Fernando Di Leo, 1976)
- Zwei Supertypen räumen auf (Fernando Di Leo, 1976)
- Gangbuster (Alberto Marras, 1977)
- Der Tollwütige (Sergio Greco, 1977)
- Wenn Du krepierst, lebe ich (Pasquale Festa Campanile, 1977)
- Die eiskalten Killer (Gianfranco Pagani, 1978)
- Napoli serenata calibro 9 (Alfonso Brescia, 1978)
- Die Kröte (Umberto Lenzi, 1978)
- Killer sterben einsam (Giorgio Cristallini, 1978)
- Der Bandit mit den blauen Augen (Alfredo Giannetti, 1982)
- Rabid Dogs (Mario & Lamberto Bava, 1996)
3. Der italienische Gangsterfilm – Juvenile Delinquenten
Im Englischen meist als „poliziottesco drama“ bezeichnet, besetzt der kriminell veranlagte Nachwuchs eine ganz eigene Sparte im italienischen Gangsterfilm. Es ist naheliegend, dass Filmemacher gerade hier ausführlich die Gelegenheit nutzten, um die psychologischen, sozialen und gesellschaftspolitischen Umstände auszuzeigen suchten, die junge Menschen zu Gewalt und Verbrechen führten. Der meistgewählte Ansatz konzentrierte sich dabei auf die Entstehung von Gewalt, bzw. die Voraussetzungen, unter denen die Gewaltbereitschaft bei jungen Menschen geweckt und sich zu einem Automatismus als Reaktion auf ihre Umwelt entwickelt. Natürlich war auch diese Ausrichtung nicht vor den Untiefen der Exploitation gefeit.
Als wandlungsreicher Star dieser Spielart des Poliziesco erwies sich der Amerikaner Joe Dallesandro, der nach seinen Horrorfilmen mit Andy Warhol und James Morrissey in Italien blieb, um sich von einem reinen Objekt zum gefragten Mimen zu entwickeln. Er verkörperte gleichsam den jungen Wilden, wie auch den undurchschaubaren Psychopathen und eiskalten Emporkömmling.
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Filmauswahl
- Note 7 – Jungen der Gewalt (Fernando Di Leo, 1969)
- Der Berserker (Umberto Lenzi, 1974)
- Fango Bollente (Vittorio Salerno, 1975)
- Die wilde Meute (Marcello Andrei, 1975)
- Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien (Aldo Lado, 1975)
- Harley Riders – Sie kannten kein Erbarmen (Pasquale Squitieri, 1975)
- Bewaffnet und Gefährlich (Romolo Guerreri, 1976)
- San Babila, 20 Uhr – Ein sinnloses Verbrechen (Carlo Lizzani, 1976)
- Die blutigen Spiel der Reichen (Marino Girolami, 1976)
- Terror in Rome (Sergio Grieco/Massimo Felisatti, 1976)
- Come Cani Arrabiati – Wie tollwütige Hunde (Mario Imperoli, 1976)
- Kidnapping… ein Tag der Gewalt (Luigi Petrini, 1977)
- Junge Mädchen zur Liebe gezwungen (Franco Prosperi, 1978)
- Horror-Sex im Nachtexpress (Ferdinando Baldi, 1980)
- Toy (Fernando Di Leo, 1980)
Nächstes Mal gibt es Vigilanten…
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1 thought on “Der italienische Gangsterfilm”