Der italienische Polizeifilm

Der italienische Polizeifilm Lesedauer: ca. 5 Minuten

Der italienische Polizeifilm oder auch Poliziesco orientierte sich in seiner Blüte zwar grob an den erfolgreichen amerikanischen Vorbildern. Doch thematisch eröffneten sie ganz eigene Felder, die ganz speziell auf den heimischen Markt zugeschnitten waren. Zudem wurde die Action fiel direkter, europäischer ausgespielt. Stilistisch ähnelte man den Kollegen aus Frankreich, zumeist jedoch, ohne deren Finesse zu erreichen.

Eskalation des Verbrechens

Nach dem zweiten Weltkrieg konnte die sizilianische Cosa Nostra ihren Einfluss in Italien festigen. Zusätzlich blühte die neapolitanische Camorra wieder auf. Sie profitierte besonders vom Schwarzmarkthandel, begünstigt durch die hier errichtete Basis der US-Navy. In Norditalien machte sich die ‚Ndrangheta breit, organisierte den Menschen- und Drogenhandel. Nach dem Tod von Lucky Luciano 1962 begann der erste große Mafiakrieg, in dem die italienische Mafia ihre Unabhängigkeit von den Amerikanern demonstrieren wollte.

Ende der 60er-Jahre begannen auch die sogenannten Bleiernen Jahre. Mehr als 12 Jahre lang hielten zahllose Bombenanschläge die italienische Bevölkerung in Atem. Links- wie Rechtsextremisten wollten ihre politischen Forderungen durch ungezügelten Terror durchboxen. Dies gipfelte 1978 in der Entführung des Politikers Aldo Moro durch die Brigade Rosso, der nach 55-tägiger Geiselhaft tot in Rom aufgefunden wurde. Im Anschluss trugen die linken Brigadisten ihren Krieg mit Schusswaffen direkt auf die Straßen der Nation, was ihnen die Unterstützung ihrer gemäßigten Basis und jegliche Sympathien im Volk kostete. Durch neue Antiterrorgesetze wurden in den Folgejahren fast 3.000 aktive und passive Unterstützer festgenommen.

Es war eine Zeit der Verunsicherung. Politik und Wirtschaft befanden sich teils unter der Kontrolle von Altfaschisten, während sich die Mafia immer mehr hineindrängte. Die Bevölkerung spaltete sich politisch in zwei Lager. Die Polizei stand angesichts des Klassenkampfs gewaltbereiter Aktivisten auf der einen und den genauso auf offener Straße ausgetragenen Revierkämpfen in den Reihen des organisierten Verbrechens auf der anderen Seite oftmals auf verlorenem Posten. Der Ruf nach einer Politik der harten Hand wurde laut, der seine Entsprechung schließlich in der Unterhaltungsindustrie fand…


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1. Der italienische Polizeifilm – Die Getzestreuen

Der Gesetzeshüter hatte es in Italien per se erst einmal schwierig, in den Augen der Öffentlichkeit zu bestehen. Im besten Fall waren sie in Filmen, bis in die 60er hinein, Nebenfiguren, die ihrer Arbeit nachgingen. Bei politischen Filmemachern wie etwa Elio Petri, bspw. in L’assassino (1960), wurden Justiz, Politik und Industrie noch als unterwandert von Faschisten dargestellt. Der zweite Weltkrieg und die Verbrechen der Regierung unter Mussolini hallten lange nach, solange das Land sich noch im Aufbau befand.

Eine der ersten Hauptrollen als gewissentlich arbeitender Kommissar spielte Tomas Milian Ende der 60er in Die Banditen von Mailand, wo er dem Bankräuber Gian Maria Volonté und seiner Bande hinterherjagt. In Elio Petris mit dem Drehbuch-Oscar gekrönten Krimi-Groteske Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger jagt Volonté sich später sogar einmal selbst, um das System als korrupt und ineffizient zu entlarven. Weitere aufrechte Kämpfer für Recht und Gesetz heißen Franco Nero, vor allem in den Filmen Damiano Damianis, Frank Wolff, Enrico Maria Salerno, Lino Ventura oder Claudio Cassinelli. Selbst Maurizio Merli gibt sich in Umberto Lenzis Spät-Poliziesco Von Corleone nach Brooklyn gereift.

Gerne rekrutieren sich die Helden des Gesetzes auch aus der Staatsanwaltschaft. Allen gemein ist dabei nicht nur der Kampf gegen das Verbrechen, sondern auch das von ihm unterwanderte System.


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Filmauswahl

  • Die Banditen von Mailand (Carlo Lizzani, 1968)
  • Der Tag der Eule (Damiano Damiani, 1969)
  • Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger (Elio Petri, 1970)
  • Das Grauen kam aus dem Nebel (Duccio Tessari, 1970)
  • Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert (Damiano Damiani, 1971)
  • Allein gegen das Gesetz (Eriprando Visconti, 1972)
  • Das Syndikat (Steno, 1972)
  • Der Tod trägt schwarzes Leder (Massimo Dallamano, 1974)
  • Die Killermafia (Sergio Martino, 1975)
  • Killer Cop (Luciano Ercoli, 1975)
  • Calling All Police Cars (Mario Caiano, 1975)
  • Die letzte Rechnung schreibt der Tod (Mario Caiano, 1976)
  • Die Macht & ihr Preis (Francesco Rosi, 1976)
  • Der eiserne Präfekt (Pasquale Squitieri, 1977)
  • Von Corleone nach Brooklyn (Umberto Lenzi, 1979)
  • Die tödliche Warnung (Damiano Damiani, 1980)

2. Der italienische Polizeifilm – Kommissar „Eiserne Hand“

Dies sind die knallharten Jungs, die es satt haben, durch so etwas wie Gesetze und Vorschriften, oder auch Menschlichkeit und Moral, aus gebremst zu werden. Der italienische Polizeifilm ist bekannt für seine Gesetzeshüter mit der harten Hand, die auch gerne mal an Ort und Stelle zu Richter und Henker mutieren. Sie waren die populistische Antwort der italienischen Unterhaltungsindustrie auf die Rufe des gemeinen Volkes, das eine schnelle, unbürokratische Lösung zur Bekämpfung der Welle von Gewaltverbrechen forderte. Interessant ist zu beobachten, dass bis zu dem ersten Merli-Hit Gewalt rast durch die Stadt die Einzelkämpfer unter den Polizisten meist von Habgier oder Rache getrieben wurden. Erst ab Mitte der 70er waren sie vom messianischen Eifer beseelt, Italiens Straßen von Unrat zu säubern.

Die bekanntesten Vertreter dieser Gattung sind heute sicherlich die Beiträge von Umberto Lenzi. Der emsigste Arbeiter dieser Sparte war jedoch Stelvio Massi, der alleine zwölf Polizieschi drehte. Von 1977-80 setzte er fünfmal seinen Kumpel, Genre-Superstar Maurizio Merli, in Szene, dreimal spielte das ehemalige Model Franco Gaspari für ihn Mark the Cop. In der gleichen Liga wir Merli spielte eigentlich nur noch Luc Merenda, der seinen Cops immer eine leicht schmierige Note angedeihen ließ. Darüber hinaus waren Merendas Cops oftmals auch selbstsüchtig und korrupt.


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Filmauswahl

  • Die Klette (Romolo Guerreri, 1969)
  • Eiskalt und ohne Gnade (Yves Boisset, 1970)
  • Tote Zeugen singen nicht (Enzo G. Castellari, 1973)
  • The Violent Professionals (Sergio Martino, 1973)
  • Shoot First, Die Later (Fernando Di Leo, 1974)
  • Die gnadenlose Jagd (Stelvio Massi, 1974)
  • Gewalt rast durch die Stadt (Marino Girolami, 1975)
  • Mark the Cop (Stelvio Massi, 1975)
  • Suspected Death of a Minor (Sergio Martino, 1975)
  • Das Ultimatum läuft ab (Stelvio Massi, 1975)
  • The ’44 Specialist (Stelvio Massi, 1976)
  • Blutiger Schweiss (Michele Massimo Tarantini, 1976)
  • Camorra – Ein Bulle räumt auf (Umberto Lenzi, 1976)
  • Cop Hunter (Marino Girolami, 1976)
  • Die Viper (Umberto Lenzi, 1976)
  • Stadt in Panik (Guiseppe Rosati, 1976)
  • Racket (Enzo G. Castellari, 1976)
  • Tote pflastern seinen Weg (Francesco Prosperi, 1976)
  • Das Schlitzohr und der Bulle (Umberto Lenzi, 1976)
  • Eiskalte Typen auf heißen Öfen (Ruggero Deodato, 1976)
  • Der Stachel (Fernando Di Leo, 1976)
  • A Man Called Magnum (Michele Massimo Tarantini, 1977)
  • Die Gewalt bin ich (Umberto Lenzi, 1977)
  • Die Killermeute (Mario Caiano, 1977)
  • Gunman (Guiseppe Vari, 1977)
  • Dealer Connection (Enzo G. Castellari, 1977)
  • Highway Racer (Stelvio Massi, 1977)
  • Provinz ohne Gesetz (Mario Bianchi, 1978)
  • Policeman Luc Merenda (Franco Prosperi, 1978)
  • Kommissar Mariani – Zum Tode verurteilt (Stelvio Massi, 1978)
  • Gewalt über der Stadt (Carlo Ausino, 1978)
  • Convoy Busters (Stelvio Massi, 1978)
  • Hunted City (Stelvio Massi, 1979)
  • Zwei knallharte Profis (Stelvio Massi, 1980)
  • Eine Kugel für den Bullen (Silvio Amachio, 1981)

3. Der italienische Polizeifilm – Die knallharte Polizeitruppe

Das Filmgeschäft lebt von seinen Stars, das gilt für den Genrefilm meist ganz besonders. Außerdem brauchte der italienische Polizeifilm seine heroischen Einzelkämpfer, mit denen das Publikum mitfiebern konnte. Die Bühne, genau wie auch bei den Sandalenfilmen und Western zuvor schon, den Alleinunterhaltern, Ensemblefilme gab es in dem Sinne kaum. Die Auswahl an Poliziesco, in denen eine ganze Einheit von speziell geschulten Ordnungshütern im Mittelpunkt steht, gestaltet sich als erwartbar dünn. Mir persönlich sind bis dato nur zwei Beispiele untergekommen,  in denen das der Fall war. In beiden Filmen spielt dabei Marcel Bozuffi die Hauptrolle und steht als Befehlshaber des jeweiligen Squads im Mittelpunkt des Geschehens. Darüber stellt das Sonderkommando… einen glasklaren Rip-off von Dallamanos Kaliber 38 aus dem Jahr zuvor dar. Nichts, was mich davon abhält, diesen Filmen einen eigenen Absatz zu gönnen.


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Filmauswahl

Nächstes Mal geht es weiter mit dem italienischen Gangsterfilm!

2 thoughts on “Der italienische Polizeifilm

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