Eastern

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Der Eastern, als Begriff ein Gegenentwurf zum amerikanischen Period Piece, dem Western, beschreibt im Großen die Gesamtheit der asiatischen Genre-Produktionen. Darunter fielen und fallen vor allem die berühmten Martial Arts Filme des Kontinents.

Ein japanischer Meister auf westlichen Leinwänden

Die ersten Filme aus Asien, die man unter diesen Begriff Eastern sammeln könnte, waren wohl die Samuraifilme von Akira Kurosawa. Der japanische Meisterregisseur wurde wegen der Besatzung des Landes durch die US-Truppen nach dem 2. Weltkrieg auch für den Westen entdeckt. Filme wie RASHOMON – DAS LUSTWÄLDCHEN (1950), DIE SIEBEN SAMURAI (1954) und YOJIMBO – DER LEIBWÄCHTER (1961) liefen auch in den westlichen Kinos und feierte auf Filmfestivals Erfolge. Sie inspirierten auch Western-Regisseure wie John Sturges und Sergio Leone, seine Geschichten in ein typisch westliches Format zu übersetzen. DIE GLORREICHEN SIEBEN (1960) und FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR (1964) liefen nicht nur erfolgreich im Kino, sondern beschäftigten so nebenher auch die Gerichte.

Der Eastern-Hype durch Bruce Lee und Jackie Chan

Aber erst der durch Hongkong-Superstar Bruce Lee ausgelöste Martial Arts Hype der frühen 70er etablierte das asiatische Genrekino im Westen. In der Folge wurden Dutzende von Kung Fu Filmen aus der britischen Kronkolonie für den westlichen Markt übersetzt und in den Bahnhofkinos gezeigt. Bruce Lee verstarb jedoch noch vor seinem als Durchbruch in Hollywood vorgesehenen DER MANN MIT TODESKRALLE (1973). Die chinesischen Stars, etwa der vorherrschenden Shaw Brothers Studios, konnten diese Lücke nicht füllen. Denn der Studioriese blieb größtenteils seinen dem Wuxia entsprungenen Period Pieces treu, anstatt in zeitgemäße Kung Fu Filme, die den angesagten Hand-to-Hand-Combat praktizierten, zu investieren.

Sie konnten zwar viele Filme ihres Regiestars Chang Cheh exportieren, und der integrierte das Kung Fu in seine Heldenabenteuer. Doch die im modernen Krimi-Gewand gekleideten Eastern kamen von kleineren Firmen und aufkommender Konkurrenz für Shaw. Golden Harvest, die Bruce Lee zum Star aufgebaut hatten, konnten auch die Entdeckung des nächsten Superstar für sich verbuchen. Bruce Lees Entdecker Lo Wei nahm einen jungen Darsteller namens Jackie Chan unter Vertrag. Der wurde schon bald der größte Star des modernen Hongkong-Kinos. Und durch das an Popularität gewinnende Videogeschäft nahm auch im Westen seine Bekanntheit stetig zu.

Hong Kong New Wave

Schon seit den 70er-Jahren entwickelte sich der Krimi als Polizei– und Gangsterfilm als wichtige neue Sparte des Eastern aus. Anfang der 80er bildeten vor allem diese Filme einen wichtigen Teil der Hong Kong New Wave. Ihr gehörten auch Filmemacher wie Tsui Hark und John Woo an, die später mit ihren Filmen auch in Westen enorm populär wurden. Während Hark über die 1980er vor allem den Martial Arts Film erneuerte, trat Woo das Heroic Bloodshed Movie los. Jene mit Melodram beladene Mixtur aus fatalistischen Gangsterdramen und blutigen Action-Orgien sollte bis in die 90er hinein unzählige Nachahmer beflügeln.

Japan findet nicht zu alter Stärke

Das Filmland Japan, dass in den 50er- und 60er-Jahren eine Vorreiterrolle als Repräsentant des Asiakinos im Westen einnahm, konnte nach der Kung Fu Film – Welle nie wieder den Platz beanspruchen, den es vormals international einnahm. Der brachialere Karate Film konnte nur schwerlich hier Fuß fassen. Die mit gleichermaßen Pathos und Moral angefüllten Samuraifilme waren in den 70ern schwer out. Als einziger neuer Regiestar konnte sich Kinji Fukasaku mit seinen harten Gangsterfilmen ein wenig Aufmerksamkeit verschaffen. Vereinzelt schafften es die auf Sex und Gewalt ausgelegten Filme des Pinku Eiga in unsere Breitengrade. Doch insgesamt spielen die japanischen Genrefilme seither nur die zweite Geige im internationalem Geschäft.

Eastern aus ganz Asien

Im Billig-Segment der Videothekenausschussware konnten sich über einen gewissen Zeitraum auch indonesische und philippinische Produktionen auf dem Markt behaupten. Sie lieferten im Akkord billige Ninja– und geschmacksunsichere Exploitationfilme. Die Indonesier konnten durch jüngere Actionhits wie THE RAID (2011) ein Revival einleiten. Seit mehr als 20 Jahren hält auch die durch Hollywood seit den 80ern etablierte Hochglanz-Ästhetik in Asien Einzug. Besonders hervortun konnten sich hier hochwertig produzierte südkoreanische Thriller– und Actionstoffe. Eine Entwicklung, die nicht zuletzt mit den Oscars für den Film PARASITE (2019) im Jahr 2020 international Anerkennung fand.

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